Samstag, 5. April 2014

Kurzinfo


Die Beiträge kommen in chronologisch richtiger Reihenfolge; das Neueste steht immer gaaanz am Ende.

Erreichen kann man mich da: simplyme@gmx.NET
(Das mit den Kommentaren ist ja schön und gut - aber irgendwie finde ich die immer erst Jahre später. :D)

Der Reisebericht IST übrigens komplett, kommt aber bald als eBookchen bei Amazon raus; da muss ich der Onlineversion die letzten Kapitel (Hochzeit in Laos / One Night (and Day) in Bangkok) leider vorenthalten. :D

 

Montag, 31. März 2014

Emirates - alles wie gehabt

Früher hieß es, wenn der Name "Emirates" als Fluggesellschaft fiel: Uiiiii !
Schließlich war Emirates vor 10 bis 15 Jahren technologischer Vorreiter der Bordunterhaltung: Am Lagerfeuer und bei anderen konspirativen Treffen hörte man immer wieder von Unglaublichkeiten wie "eigener LCD-Bildschirm pro Passagier", "individuelles Videoprogramm mit Spielfilmen und Serien" - und sogar Anhalten, Fortsetzen, Vor- und Rückspulen war möglich !
Wahnsinn !

Daher klatschte man vergnügt in die Hände, wenn man einen günstigen Emirates-Flug erwischte.

Heute ist der technologische Vorreiter genau das, was er vor 10 bis 15 Jahren war. Und auch genau auf dem Stand der damaligen Zeit.
Heute rauben uns aktuellste Spiele-Highlights wie "Tetris" den Atem. Und "Pong".
USB-Anschlüsse zum Laden beim Flug ? - Nö; viel zu modern. Dafür gibt's eine Bordsteckdose; wenn man nicht gerade einen Platz am Gang erwischt. Da gibt's nämlich keine. Warum auch immer.
Ohne Netzteil geht nix


Dafür lässt sich Emirates eine Menge weitere feine Dinge zur Bespaßung ihrer Passagiere einfallen:
Das Videoprogramm mit dem Anhalten, Vor- und Rückspulen gibt's schließlich immer noch. In Häppchen, allerdings. Nach dem Start geht erst einmal gar nichts in Sachen Unterhaltung. Dann laufen nämlich Werbespots, eine gute halbe Stunde lang. Und damit man nicht durch ungewohnte Dinge erschreckt wird, werden immer wieder dieselben Spots wiederholt. Bis die durch sind, ist's Essig mit der großen Unterhaltungsfreiheit: Zwangswerbung.
Dann beginnt die große Freiheit. Zumindest, bis eine Durchsage des Steuerknüppelbedieners kommt. (Ich sitze übrigens gerade am Gate B29 im Flughafen Dubai; eben bölkt ein Muezzim per Lautsprecher durch die Hallen. Auch eine Art Durchsage.)

Der Flugkapitän hat ständig was zu sagen. Man versteht nur nie, was.
Unser Flug startete von Düsseldorf, die Maschine gerammelt voll mit Deutschen. Daher werden die Durchsagen auch in Arabisch und Englisch gehalten. Genau wie die hochwichtigen Informationsvideos, die einem immer wieder erklären, wie man nach einem saftigen Flugzeugabsturz, den kein Mensch überleben kann, in die an der Schwimmweste baumelnde Trillerpfeife bläst. Das muss der Mensch unbedingt wissen.
Sobald der Kapitän den Stewardösen sagt, dass sie sich hinsetzen oder Kaffee kochen sollen, stoppt jedes Video. Auch dann, wenn er sich irgendetwas anderes in den Bart brabbelt, das man eh nicht versteht. Ob auf Arabisch oder Englisch; lediglich der Ton ändert sich etwas.
Man fühlt sich also wie zuhause, wie beim Unterschichtenfernsehen, das ja auch ständig unterbrochen wird.

Also lässt man's lieber, schaltet den Bildschirm ab, damit man nicht ständig im Rampenlicht steht.
Nützt aber nix.
Denn sobald Käpt'n Kamikaze wieder Verbales absondert, geht das Ding sofort wieder an. Ganz toll, wenn man gerade einzuschlafen versucht.
Schlafen ist nicht ganz einfach: In der Kabine herrscht eine Temperatur von 32 °C. Ja, zweiunddreißig Grad Celsius. Ich hab's mit den Sensoren meines S4 nachgemessen.
Gut, dass an jedem Platz eine warme Decke bereitliegt, die der undankbare Fluggast dreist ignoriert, warum auch immer.

Ich erspähe auf dem zwangseingeschaltetem Bildschirm eine höchst wichtige Information: "Drink lots of water !", heißt es da. Ich soll während des Fluges also viel trinken. Klar, die Luftfeuchtigkeit in der Kabine liegt nämlich bei 10 bis 14 Prozent; richtig gesund, da fühlt man sich wohl.
Die Stewardösen sorgen für den nötigen Flüssigkeitsausgleich: Während eines siebenstündigen Fluges erhalten Passagiere exakt EIN Getränk; 150 ml. Dazwischen gibt's nix.
Für mich schon; ich bestelle gleich vier Dosen auf einmal, ernte ungläubige Blicke aus weit aufgerissenen Augen - für die Unverschämtheit, in 7 Stunden bei 10 % Luftfeuchtigkeit und 32 °C einen halben LIter trinken zu wollen.
Aber man kommt meinem dreisten Wunsch tatsächlich murrend nach; ich erhalte vier Minidöschen, handwarm, versteht sich. Klasse, Emirates ! :D

Das Essen kommt. Nix zu meckern, wirklich gut: Ich bekomme einen (leider recht schmalen) Streifen Lachsfilet mit Reis in Sahnesoße, lecker. Dazu etwas Brokkoli und noch irgendetwas Grünes. Auch gut. Ein Törtchen ist auch dabei, Zitronenirgendwas mit einer Milchcreme; richtig gut ! Dazu noch ein paar Knabbereien mit Streichkäse und einer süßen Chilisoße, die ich mir gekonnt über die Finger kippe. Ich lecke die Finger ab; wer weiß, wann's wieder etwas gibt.
Fertig, halbwegs gesättigt. Jetzt stört nur noch das Tablett, da ich das Tischchen sonst nicht weggeklappt bekomme. Aber die Stewardingsen holen das ja gleich ab.
Nö, tun die nicht.
Nach anderthalb bis zwei Stunden (ja, wirklich) bequemt sich die Frauenschaft, die Tabletts einzusammeln. Respekt.
Also: Zurücklehnen (geht nicht), die Beine ausstrecken (geht nicht), zu schlafen versuchen (geht nicht). Alles ist nett abgedunkelt, romantische Rotlichtbeleuchtung über den Fenstern, ein simulierter Sternenhimmel über dem Gang - vielleicht auch nur Löcher in der Verkleidung; wer weiß das schon. Also: Nickerchen; wenn's denn gehen würde...
Leider bölkt der Fluchkapitän alle paar Minuten durch die Kabine. Bestimmt was richtig Wichtiges. Wenn man's denn verstehen könnte...
Und wenn sich der beknackte Bildschirm dabei nicht ständig einschaltete.

Wir landen, vielmehr: werden gelandet.
Das übliche Rumpeln und Schlingern, die Maschine rollt aus. Keiner klatscht.
Das übliche hektische Aufspringen sämtlicher Passagiere auf einmal; jeder will der Erste sein. Jeder ist dann auch der Erste, der unbeweglich im Gang steht, nicht vorwärts und rückwärts kann, weil alle anderen auch die Ersten waren. Alles steht, nichts bewegt sich. Gefühlte 20 Minuten lang, bis sich die Karawane endlich in Marsch setzt. Laaaangsam, nein: Laaaaaaaaaaangsam.
Wir torkeln die Gangway hinab, ein Bus aus Stuttgart wartet auf uns, natürlich ein "Neoplan". Im Bus erklärt uns eine Frauenstimme auf arabisch und englisch, dass wir nicht direkt am Terminal gelandet sind (Aha !), der Bus dazu dient, uns vom Flugzeug zum Terminal zu bringen (Ach was !?) und dass wir den Bus verlassen sollen, wenn wir am Terminal ankommen (Nein, wirklich ?). Die Fahrt dauert 15 Minuten. Stark; dann sind wir fast wieder in Düsseldorf.

Im Bus fühlt man sich wie in der Mikrowelle, obwohl es richtig angenehm kühl ist - keine 32 °C. Aber die Fenster sind mit einem engmaschigen Gitter verklebt; eben genau wie bei der Mikrowelle. Daher sieht man auch genauso viel wie bei der Mikrowelle; nämlich so gut wie gar nix.
Der Sinn will sich mir einfach nicht erschließen: Bisher dachte ich immer, dass man Busse mit Fenstern ausstattet, damit man hinaussehen kann. Könnte man ja auch, wenn da nicht das Mikrowellengitter wäre.
Aber dafür gibt's bestimmt eine ganz plausible Erklärung, auf die ich lediglich nicht komme.
Allah wird schon wissen, warum. :)

Dubai

Wir haben neun Stunden Aufenthalt in Dubai; eigentlich fies - aber eine gute Gelegenheit, sich den Stolz der vereinigten arabischen Emirate einmal anzuschauen. Da machen die Leute ja wochenlang und bis unter die Arme begeistert Urlaub. Können wir auch - zwar nur rund sechseinhalb Stunden lang, da wir natürlich zwei Stunden vor Abflug wieder am Flughafen sein müssen, damit wir uns zwei Stunden lang langweiligen können.


Eins vorweg: Noch nie habe ich eine so schnelle und unkomplizierte Einreise erlebt - nach fünf Minuten waren wir "durch", vom "Ob wir überhaupt aus dem Flughafen raus dürfen ?" bis zum Einreisestempel im Pass.
Spitze !

Natürlich wurden wir draußen zuerst von Schleppern angesprochen, die uns mit ihrem Privattaxi in nur zwei Stunden alle Sehenswürdigkeiten Dubais zeigen wollten; ganz in Ruhe - und für nur 100 Euro.
Wir verneinten freundlich, worauf der Schlepper (ein Import aus Indien, übrigens) uns für nur noch 40 Euro bis zum "Burj Khalifa" zu chauffieren unbeabsichtigte. Das war uns zu unschottisch. Und da unser Schlepper dies einsah, bot er uns an, in nur zwei Stunden alle Sehenswürdigkeiten... Diesmal für nur noch 90 Euro. Ein echter Schnapper !
Wir schnappten uns ein Taxi, das uns für umgerechnet 7 Euro, also für nur unwesentlich weniger Geld, bis zum "Burj Khalifa" schipperte. So heißt der Prachtturm, den man in Dubai in gewohntem Understatement auf den Wüstenboden pflanzte; wohl das höchste Bauwerk der Welt.
Recht beeindruckend und eine wahre Herausforderung an den Weitwinkel der Handykameras; schwierig, das Ding komplett auf's Bild zu bekommen.
Rund um das unerhebliche Türmchen türmen sich Geschäfte, natürlich im Stile einer "Mall". Dazu gibt es ein riesiges Schwimmbecken, das in der Karte als "See" eingezeichnet ist - vermutlich wegen seines natürlichen, blau angemalten Betonfundaments.
In der "Mall" fanden wir dann durch und durch exotische Speisen; bei Subway und - man lese und staune - Nordsee. :D
Leider hatten all die feinen Lädchen noch zu, also schnappten wir uns das nächste Taxi und ließen uns zu einem Dubai-typischen Insiderlokal mit einem großen, gelben "M" als Logo befördern. Da aßen wir einen Egg McMuffin, da auch hier die Unsitte grassiert, dass es vor 11 Uhr morgens nur Blödsinn zu essen gibt. Und genau wie bei uns war auch hier der schottische Frühstücksfraß einfach nur ungenießbar.
Dann ab zum Strand, der hier praktischerweise gleich um die Ecke herumliegt.
Tja... Hmmm.... Nun ja... Sieht irgendwie aufgeschüttet aus; malerische Baukräne überall. Eine glatte, flache Sandfläche, die durch und durch langweilig wirkt und auch so ist. Mittendurch zieht sich ein asphaltierter Spazierweg, gleich daneben ein Radweg, den man aber nur mit speziellen "Byky"-Fahrrädern befahren darf, die man rein zufällig gleich hier mieten kann. Andere Vehikel werden laut Warnschild beschlagnahmt. Recht so ! Was da sonst passieren kann !
Wir schauten einer kleinen Gruppe bei ihren Vorbereitungen auf den ersten Tauchgang zu, schauten hinterher, als das Grüppchen bei sengender Hitze schwer bepackt über die künstlich verlangweilte Schüttsandwüste schlurfte. Das war das Interessanteste am ganzen Strand.
Weg da, ehe uns das große Gähnen übermannen konnte.
Wir latschten endlos durch Straßen, an noch wüstenähnlichen Stellen vorbei. An einer Stelle wurde es lebensgefährlich: Ein Warnschild warnte (wer hätte das gedacht) uns vor einer extrem tiefen Ausschachtung. In der Tat: Der Kabelkanal war bestimmt einen ganzen Meter tief ! Gut, dass es das Warnschild gab. Da fühlt man sich wieder wie in Deutschland.
Nach einigen Kilometern zu Fuß gelangten wir wieder in die Nähe Dubai'scher Prachtbauten, die sämtlichen breiten Straßen säumen.
Diese Straßen kann man als Fußgänger übrigens kaum bis gar nicht überqueren, da hohe Mittelstreifenbarrieren den todesmutigen Spurt auf die andere Seite wirkungsvoll verhindern.
Leider... Auf der anderen Straßenseite, gut 50 Meter entfernt, erspähten wir ein "Wendy's", also einen Ableger der bekannte Ami-Schnellfresskette. Mussten wir ausprobieren !
Konnten wir aber nicht. Wir kamen nämlich nicht rüber. Nicht straßenaufwärts, nicht straßenabwärts. Keine Überwege, keine Unterführungen, kein Helikopterservice, wie es sich für Dubai geziemt hätte.
Nix. Nur eine U-Bahn-Station, die man bekanntlich nur mit gültigem Ticket betreten darf.
Wir überlegten, ein Taxi auf die andere Seite zu nehmen. Andere Möglichkeiten gab es einfach nicht.
Und bei der Gelegenheit fiel uns auf, dass der Hamburgerladen schlicht das Einzige war, was uns noch an Dubai interessierte. Alles Sehenswerte hatten wir offenbar bereits gesehen: Das Angebertürmchen, etliche Gebäude, den dämlichen Strand, das Umland - und McDonald's. Uns fiel einfach nichts mehr ein, was wir uns noch hätten anschauen können.
Also zurück zum Flughafen.
Dubai fertig.

Mal ernsthaft: Dubai beeindruckt auf den ersten Blick schon. Es gibt eine unglaubliche Vielfalt unterschiedlichster Gebäude, allesamt mit eigenem Charakter, aber allesamt miteinander harmonierend. Interessante Farben, ausgefallene Formen. Das schaut man sich gerne an; nach einer halben Stunde aber überrascht nichts mehr.
Etwas außerhalb der Prachtzonen bemerkt man deutlich, dass Dubai komplett auf Sand gebaut ist. Brachflächen erinnern an den ursprünglichen Wüstencharakter. Insbesondere von oben betrachtet wirken fast sämtliche Gebäude, als hätte man sie einfach von oben auf den Sand gepfropft und mit ein paar Straßen rundum garniert. Wie dreidimensionale Mensch-ärgere-Dich-nicht-Püppchen auf dem zweidimensionalen Spielbrett.
Hin und wieder fragt man sich, wer eigentlich in Dubai lebt. Wir sahen deutlich mehr Asiaten als Araber - sehr viele auf den Straßen; in Geschäften dominierte das asiatische Personal ganz eindeutig.
Hätten wir nicht ganz genau gewusst, in Dubai zu sein - wir hätten jeden Eid darauf geleistet, in Asien durch die Gegend zu gähnen.

Alles in allem: Dubai ist weitläufig, protzig und langweilig.
Wir hätten beim besten Willen nicht mehr gewusst, was wir uns noch hätten anschauen sollen. Vielleicht die künstlich angelegten Inselchen mit den tollen Hütten darauf, in denen niemand wohnen möchte. Vielleicht einen Golfplatz, vielleicht eine Tontaubenballeranlage im Moschee-Stil mit Stein-der-Weisen-Effekt: In Dubai gelingt es nämlich bei diesem Sport, Blei durch Zeigefingerkrümmen in Gold zu verwandeln. Zumindest preislich.
Dubai scheint ein Reiseziel für Leute zu sein, die den ganzen Tag in Luxushotels leben und sich Freizeitideen wie Speedboat-Rennen und ähnlichen Allerweltshobbies hingeben möchten.
Allerdings bietet sich die Stadt als Reiseziel speziell für Deutsche an. Denn auch wir müssen sagen: "Alles ganz sauber." :)

Fotos
Ja, ist schon ein langer Lulatsch, der Burj....

Der natürliche See.

Sieht aber ganz nett aus.

Aber hübsch, dass es auch ein wenig Grün gibt.

Nordsee. Ja, Nordsee. :D

Toller Strand, befahren nur mit Byky !

Richtig toller Strand...


Übergang von den Vorsiedlungen zu den Protzmeilen.

Nette Hütten.

3D-Kolosse auf 2D-Sand.

Sonntag, 30. März 2014

Von Dubai nach Laos - Teil 1

Von Dubai nach Laos

Wir hocken am Flughafen Dubai herum und gähnen schon länger um die Wette. Bisher haben wir kein Auge zugekriegt, geschweige denn etwas Schlaf bekommen.
Schlaf ist was für Weicheier ! - Dummerweise sind wir Weicheier. Und Warmduscher, versteht sich.

In der "Winston Smoker's Lounge" treffen wir eine Frau aus Dortmund, die gerade aus Australien zurückkehrt. Aha. Dann kann's da ja schon mal nicht so doll gewesen sein.
Danach drängt es uns zu einem stillen Örtchen, das im quirligen Dubai-Lufthafen garantiert nicht still sein wird.
Toiletten gibt es reichlich. Leider gibt es der Bedürfnisanstaltbedürftigen noch viel reichlicher. Erste Örtlichkeit: Rappelvoll. Nächste Lokalität: Rappelvoller. Nächster Lokus: Aus allen Nähten platzend. Wie wir. Oje...
Allah hat ein Einsehen: Ein freier Sitzplatz erscheint plötzlich wie von Zauberhand; vielleicht dank des Geistes meiner mitgeschleppten Colaflasche.
Ah, sehr schön: Die typische kleine Reinigungsdusche für die Minuten danach. In Dubai sogar mit hautsympathisch warmem Wasser.
Sowohl beim Betreten wie beim Besitzen staune ich über die verdächtige Sauberkeit der Lokalität. Nach der Erhebung verstehe ich, wieso: Sofort spurtet ein Bediensteter in die Kabine und derwischt.
Wenn ich da so an unsere Autobahnraststätten denke...

Die Maschine nach Bangkok ist maximal halbvoll. Kein Wunder, denn kaum jemand ist so blöd, mit einem Flieger loszujuckeln, der um Mitternacht am Suvarnabhumi Airport aufsetzt.
Wir schon !
Der Flug ist einfach nur angenehm; wir können uns ausbreiten, sogar die Beine ausstrecken. Bei den Flugbegleitern muss es sich jedoch um Leiharbeiter handeln: Das Bordpersonal ist freundlich, aufmerksam und zuvorkommend. Hoffentlich merkt das keiner bei der Emirates-Geschäftsleitung. So geht's ja schließlich nicht !
Ich mache reiche Beute: Sechs Minicoladöschen ! Ha !
Wir marschieren über den blauen Teppich aus dem Flieger, schlendern zum Einwanderungs- und Visaausgabebereich, der trotz der frühen Stunde ziemlich überfüllt ist. Wir steigen sicherheitshalber diskret über eine Absperrung und sind dadurch nach nur zwei Minuten Wartezeit an der Reihe.
Das erste Thai-Lächeln der Beamtin begrüßt uns; mit Zahnspange.
Wir warten nicht auf's Gepäck; wir gehen rauchen. Das darf man natürlich nicht - den Hochsicherheitsbereich verlassen und dann einfach wieder reinkommen. Natürlich versuchen wir es dennoch. Nee, klappt nicht. Also warten wir doch auf's Gepäck.
Wie IMMER ist unser Gepäck das allerletzte, das auf dem Kofferrundreiseband auftaucht.
Immerhin taucht es auf. Raus ! Den ersten Atemzug nehmen und "Ha ! Bangkok !" sagen. Bangkok riecht nämlich absolut eindeutig; eine Mischung aus Jasmin, Smog und Bangkok.
Heute nicht ! Jasmin ist da, Smog ist da, Bangkok ist da - aber da ist noch etwas... Es riecht nach Essen !
Wir bekommen Hunger...
Nichts da, erst zum nächsten Flughafen, Don Mueang. Ein kleinerer Flughafen, über den in erster Linie Kurzstreckenflüge abgewickelt werden.
Wir latschen zur Shuttlebus-Haltestelle.
SELBSTVERSTÄNDLICH befindet sich die Haltestelle am von uns weitest gelegenen Ende des Abfahrtbereiches. Wie immer.
Wir wuchten uns mitsamt Gepäck gen Haltestelle.
Der Bus fährt. Dummerweise nur nicht jetzt. Erst wieder um 5 Uhr morgens. Unsere Maschine flattert um 6 ab.
Einfache Rechnung: 5 Uhr Abfahrt + 1 Stunde Fahrtzeit + 1 Stunde Stauzeit = Flieger verpasst.
Sch...ön. An der Haltestelle schaut auch eine Thai etwas betreten in die Gegend. Sie fragt uns, ob wir auch nach Udon Thani wollen. Wollen wir. Sie auch; völlig überraschend.
Ein Taxi muss her. Die Thai fragt, ob wir uns ein Taxi teilen wollen. Wollen wir. Die Thai heiß Aow, ist 40 Jahre alt, lebt in Maryland in den USA, ist dort mit einem Ami zerheiratet, jetzt wieder in Thailand, da ihr Vater starb.
Wir irren auf der Suche nach der richtigen Etage zum Taxischnappen durch den Flughafen. Erst hoch; zu hoch. Dann wieder runter; zu tief. Eine Etage höher; zu mittig. Irgendwann finden wir den Taxistand und treffen auf Buddha.
Zumindest sieht der gute Mann so aus, 110 %ig. Aow übernimmt die Preisverhandlungen, Buddha gibt uns allen die Hand.
ALARM !!!
Merke: Wenn Dir in Thailand ein Fremder die Hand gibt oder Dich "My friend" nennt, wirst Du abgezockt. Immer !
Aow weiß das nicht, war schon seit 15 oder 20 Jahren nicht mehr in Thailand.
Ich weiß das. Aber Buddha wirkt einfach durch und durch sympathisch. Ach, lassen wir uns einfach abzocken; Hauptsache, wir kommen gut und pünktlich am Schnabelhafen an. 450 Baht kostet der Spaß, also rund 11 Euro.
Dafür werden wir über eine Stunde lang durch die Gegend geschaukelt; die beiden Flughäfen liegen nämlich ordentlich weit auseinander.
Wie weit kommt man in Deutschland mit 11 Euro im Taxi ?
Daher kann man sich bei einigen Dingen durchaus ein wenig abzocken lassen; der Schaden ist oft gering.
Am Morgen hätten wir übrigens etwa drei Stunden gebraucht, verrät uns Buddha. Die Staus hätten in letzter Zeit gewaltig zugenommen.
Wir müssen noch 100 Baht drauflegen, da wir drei Mautstationen zu passieren haben. Das blüht uns in Deutschland demnächst mit Sicherheit auch.
Woher ich das weiß ?
Kein Mensch aus dem Volk will das, es richtet schlimmen finanziellen Schaden bei uns an. Und solche Sachen werden bekanntlich immer durchgezogen. Siehe Euro, siehe Griechenlandhilfe. Die Maut kommt. Hand drauf.
Wir kommen gut an. Kein Summen der Motoren, kein nasser Asphalt bebt. Der Flughafen hat schließlich Nachtruhe.
Wie der Nachtwächter, den wir passieren und der mit offenem Munde schnarchend auf seinem Wachstuhl eingepennt ist. Thai Style.
Rolltreppe aufwärts, das kleine Flughafenrestaurant hat geöffnet. Klasse !
Das Wort "Flughafenrestaurant" lässt in Deutschland immer Schlimmes erahnen: Unglaublich schlechtes Essen bei unglaublich gepfefferten Preisen; quasi als Ausgleich.
In Thailand ist das ähnlich; nur sind die Preise nicht gepfeffert und das Essen ist nicht schlecht.
Wir bestellen "Phad Tai" - das mehr oder minder offizielle Nationalgericht Thailands.
Ich zweifele daran, dass es schmecken könnte; schließlich sind wir im Flughafen.
Ich zweifele falsch: Das Essen ist richtig klasse ! Mein erstes Phad Tai, dem noch einige folgen sollen.
Als wir wieder gehen, bedanke ich mich für das gute Essen. Ich kann einfach nicht anders.
Zur Toilette, das Übliche erledigen. Und danach brav die Hände waschen.
Auf der blitzblanken Thai-Toilette lohnt sich das wirklich erst hinterher. Bei uns in Deutschland ganz unbedingt vorher und nachher. Und am besten auch noch währenddessen.
Ich sage nur ein Wort, dem das puren Grauen innewohnt: Rastplatztoilette.
Ein Thai-Polizist in Uniform wäscht sich auch gerade die Hände; ich suche nach einem Handtuchspender oder einem dieser Händeföns. Nix da. Ich spreche den Polizisten an, möchte fragen, wo man hier Handtücher bekommt.
Er dreht sich um und hat Zahnseide zu beiden Seiten aus dem Mund heraushängen; bis zum Kragen hinab.
Ich kann nicht anders: Ich zeige mit dem Finger auf die Zahnseide und brülle vor Lachen.
Der Polizist stutzt, versteht, zeigt selbst auf die Zahnseide und brüllt mit mir zusammen vor Lachen. Nach einer halben Minute beruhigen wir uns, ich frage nach Handtüchern, die Amtsperson schüttelt den Kopf, dann heftig die Hände. Ah, verstehe ! Flughafen - also einfach Flugbewegungen machen.
Wir grinsen uns noch einmal an, ich verneige mich leicht und gehe.
Stellen Sie sich die Situation mal in Deuschland vor. Damit wäre meine Weiterreise wohl gestorben gewesen. Nicht in Thailand.
Wir verabschieden uns von Aow; sie muss doch nicht nach Udon Thani; wir hatten uns anfangs falsch verstanden.
Das fiese Durchleuchtungsspiel (auch "Es nützt nicht das Mindeste, wiegt leichtgläubige Passagiere aber in absolut trügerischer Sicherheit" genannt) beginnt mal wieder: Rucksack auf's Band, ich marschiere durch den Rotlicht-Piep-Bogen. Nichts passiert. Und das bei mir. Es piept nicht! Das Ding muss kaputt sein. Sonst piept es bei mir immer. Leute, die mich kennen, werden das sofort bestätigen.
Da stimmt was nicht...
Ah, ich wusste es doch: Mit meinem Rucksack ist mal wieder irgendetwas.
Noch Munition drin ? Ein Schweizer Messer ?
Nö. Die berühmten Flüssigkeiten sind's mal wieder. Seitlich eine kleine Flasche Cola, halbvoll. Die ziehe ich eben schnell weg. Aber da ist noch mehr: Eine der Beutecoladöschen aus dem Flieger ist noch drin. Die schaffe ich nicht mehr.
Ich deute auf den Mülleimer, mache ein fragendes Gesicht. Eine Thai nickt, ein Thai schaut die Thai an, schaut mich an und meint: "May I hebb ?" ("Kann ich die haben ?")
"For sure" I say with a Grinsen in the face. Der Thai lächelt und verneigt sich.
Ich sage mit unheilvoller Stimme: "But be careful... It will EXPLODE !!!"
Die Thai und ich halten uns die Bäuche vor Lachen. Alle zeigen mir "Daumen hoch" !
Ich ebenfalls. Wir lachen noch einmal und winken uns zu, ehe ich weitergehe.
Stellen Sie sich diese Situation mal in Deuschland vor. Dass nicht die GSG9 nebst zwei Terrorbekämpfungseinheiten und Bombenräumkommandos anrückte, wäre auch alles...

Wir laufen über rosa Teppichboden Richtung Gate. Alles ist ruhig, es gibt zwei Kaffeebuden und die üblichen Krimskramsstände. Im Gegensatz zu deutschen Flughäfen alles absolut bezahlbar. Und im Gegensatz zu deutschen Flughäfen mit freundlichen Leuten hinter den Ständen.
Wir hauen uns in ein paar Polstersessel und zapfen illegal ordentlich Saft aus zwei Steckdosen. Keinen interessiert's. Warum auch. In Deutschland wäre das Geschrei natürlich wieder groß gewesen.
Das Boarding beginnt, wir stürmen noch schnell zu "Black Canyon Coffee", Holger holt sich einen Schwarztalkaffee, ich einen Graugraftee.
Ich weiß nicht, wie es die Thai hinkriegen; aber das Wasser in meinem Becher hat garantiert mehr als 200 Grad. Unglaublich, wie man Wasser so heiß bekommen kann. Der ganze Flughafen muss unter extremem Hochdruck stehen; wie ein Dampfkochtopf. Anders ist das nicht zu erklären.
Den Tee schaffe ich nicht mehr, bis wir am Gate an der Reihe sind. Ich habe gute 250 Milliliter extrem superhypermegagigagefährliche Flüssigkeit in der Hand, die ich mit an Bord nehmen will. ALARM !!! - In Deutschland, klar. In Thailand deutet man nach meinem fragenden Blick mit einem antwortenden Blick auf den Teebecher und meint: "Sure you can take it in the plane."
Also take ich's. "No pobem."
Wir latschen in den Schnabelflieger. Wir fliegen nämlich mit "Nok Air". "Nok" bedeutet Schnabel. Und den haben die Maschinen auch vorne am Bug aufgemalt: Ein drolliger, lachender Comic-Vogelschnabel, mit Zunge. Die Maschinen sehen einfach nur süß aus.

Wir taken seat. Die ganze Maschine ist proppevoll mit Thais und Laoten. Und zwei Farangs ("Langnasen", also Ausländern), uns halt.
Das Flugpersonal lacht die ganze Zeit, grinst durch die Gegend, kichert beim Vorführen der Sicherheitseinrichtungen, die bei einem Absturz keiner Sau was nützen. Die Thai wissen das natürlich und machen sich einen Spaß draus. Wir auch; wir grinsen mit.
Der Nok-Vogel fährt an. Falschrum, nämlich rückwärts. Ah, denke ich mir, der dreht jetzt. Nö. Der fährt die ganze Zeit rückwärts, bestimmt einen Kilometer weit. Schneller und schneller. Neuer Flugzeugtyp, ein Rückwärtsstarter ? Oder hat Nok Air mal wieder Piloten bei der Formel 1 abgeworben ?
Offenbar. Nach dem Kilometer Rückärtsfahrt geht der Flieger in die Eisen. Ich bin mir nicht sicher; aber das hat doch gequietscht, oder ?
Der Kapitän dreht den Vogel. Nein; er legt einen Powerslide hin. Haha ! Das gibt's einfach nur in Thailand !
Wir rollen, nein, wir brettern zur Startbahn; der Pilot schneidet jede Kurve, driftet um die Ecken. Mit einem Passagierflugzeug ! Ich habe Spaß für zehn !
Die Kabinenmädels auch. Richtig Stimmung an Bord !
Wir preschen an; der Käpt'n gibt nicht Vollgas, sondern "voll Kette". Es wuchtet uns in die Sitze, die Raumflugsimulatoren der NASA sind ein feuchter Dreck dagegen. Röhrend wie ein brunftiger Hirsch donnern wir in den Morgenhimmel. Wir wissen jetzt auch, wie man sich an Bord eines Senkrechtstarters fühlt. Viel hätte dazu nämlich nicht gefehlt.
Der Sonne entgegen.
Die geht nämlich gerade auf.

Ein paar Fotos (viel ist's nicht):

Ein Teil meiner Coladöschenbeute

Kein Witz: Es handelt sich allesamt um ABSOLUT IDENTISCHE Koffer ! Da wollten Passagiere aber mal so richtig individuell auftreten.


Süß, ne ? Habe ich bei http://nomadicsamuel.com geklaut.

Samstag, 29. März 2014

Von Dubai nach Laos - Teil 2

Die Sonne geht auf; noch immer haben wir keinen Schlaf bekommen, werden ein wenig tranig. Der Flug bis nach Udon Thani nahe der laotischen Grenze dauert etwa eine Stunde.
"Da gibt's wohl nix zu essen...", murrt Holger.
Das fürchte ich auch.
Aber wir haben die Rechnung ohne Nok Air gemacht: Kaum sind wir über den Wolken, tänzeln die drei Thaidamen durch den Mittelgang und werfen jedem von uns ein kleines Nok-Fresspaket zu. Aufschrift: "Eat all. Leave no evidence." - Iss alles auf; keine Beweise hinterlassen.
Drin ist eine Art Puddingteilchen mit Wurst, dazu ein großer Becher Trinkwasser, dessen Deckel sich im Unterdruck der Kabine natürlich so nett wölbt wie Holgers Bauch.
Das Puddingwurstteilchen ist richtig lecker; man glaubt's kaum.
Und schon geht's wieder abwärts. Der Kamikazepilot denkt nicht daran, großartig zu verlangsamen: Mit affenartiger Geschwindigkeit setzen wir auf; sofort gibt der Mann am Knüppel vollen Gegenschub, die Maschine schüttelt sich wie ein Hund, wird nur unwesentlich langsamer, als der Kapitän das Blechschlachtross in eine scharfe Linkskurve zwingt. Wir driften elegant von der Landebahn und docken am Terminal an.
Ratzfatz geht das hier; kein stundenlanges Gefummel wie bei uns in Germanien.
Das Gepäck ist noch nicht da; also wieder ein Rauchversuch zum Zeittotschlagen.
Mist ! Ein bewaffeneter Militärpolizist achtet darauf, dass niemand von draußen ans Gepäckband kommt. Ich gehe hin, frage, ob er Englisch spricht. "No hep !" Also nicht.
Ich drücke in Zeichensprache aus: "Wir eben quarzen, dann wieder rein, obwohl verboten ?"
Der Soldat denkt einen Moment nach, grinst und antwortet in Zeichensprache: "Ab mit Euch !"
Wir rauchen, genießen die frische Kühle des Morgens.
Wieder am grinsenden und den "Daumen hoch" zeigenden Soldaten zurück zum Gepäckband, Rucksäcke geschnappt, für 200 Baht (keine 5 Euro) ein Minibusticket bis zur laotischen Grenze (wohl um die 100 km) gekauft, ab in den Bus, Angry Birds gespielt, ausgestiegen.
Oha ! Schon DEUTLICH wärmer.
Wir reisen aus Thailand aus, erwarten ein langwieriges Prozedere; wir sind halt Deutsche und kennen so etwas nicht anders.
Der freundliche Thai-Beamte sagt uns guten Morgen, knallt einen Stempel in den Reisepass und sagt uns Aufwiedersehen.
Fertig; keine 30 Sekunden.

Nun zum nächsten Bus, der uns für 20 Baht über eine längere Brücke bis nach Laos karren soll.
Eine Frau rennt uns hinterher: "You need photo for visa!"
Seit wann denn das ? Nö, needen wir nicht. Sie besteht drauf, dass doch. Holger besteht drauf, dass nicht.
Ganz sicher ist er sich allerdings nicht. Wir erreichen den Bus, Holger wird immer unsicherer... Foto oder nicht ? Wir sagen uns: Ok, wenn's Abzocke ist, haben wir 100 Baht, also etwas über 2 Euro, in den Sand gesetzt. Wenn's keine Abzocke ist, stehen wir drüben und kommen nicht rein.
Wir gehen zurück, lassen uns knipsen, erschrecken uns über unser Aussehen und steigen in den Bus, der sofort abfährt.
Nach fünf Minuten sind wir "drieben".
Neben einem ganzen Sack Jakobsmuscheln hocken wir uns auf eine zerfetzte Holzbank und füllen die Visa-Formulare auf einem zerfetzten Plastiktisch aus. Die Hälfte der Eintragsfelder verstehen wir nicht, lassen etliche Sachen einfach leer.
Wird schon schiefgehen.
Wir nähern uns dem Visa-Häuschen, das drei Fenster hat - zwei vorne, eins an der Seite. Alle drei mit dunkler Asitönungsfolie beklebt, so dass man nicht hineinsehen kann.
Fenster 1 öffnet sich, eine Hand greift die Dokumente, ich erhasche einen kurzen Blick auf das Gesicht des Beamten.
BAMM ! Fenster zu.
Wir stehen dann mal so rum.
Nach einer Weile öffnet sich Fenster 2. Derselbe Beamte erscheint und fordert 31 Dollar von jedem. Holger zahlt; und zwar mit 62 einzelnen Eindollarnoten. Ähmja...
BAMM ! Fenster zu.
Wir stehen dann mal so rum.
"Ob die sich wohl provoziert fühlen ?", fragt Holger, der sich wirklich ein bisschen Sorgen macht. Der hatte einfach keine größeren Scheine.
"Auf jeden Fall müssen wir uns nicht wundern, wenn wir ein paar Stündchen länger hier stehen.", meine ich.
Wir wundern uns beide: Fenster 3 öffnet sich, eine Hand reicht unsere Pässe mitsamt Visa heraus. Derselbe Beamte, der Herrscher über alle Fenster. Die Leute, die vor uns da waren und schon länger warten, warten noch länger. Wir wurden bevorzugt behandelt. Bestimmt wegen der Eindollarnoten.
Verkehrte Welt...
Ein freundlicher Thai quasselt uns an und meint, wir bräuchten ein Taxi. Er nennt einen guten Preis. Wir stimmen zu, wollen uns hinter den Einreisehäuschen wieder treffen.
Es gibt zwei Tore: Eins mit einer riesigen Menschenschlange davor, eins, vor dem kein Mensch steht. Wir nehmen das leere Tor und sind nach 5 Sekunden in Laos. Ein laotischer Polizist springt auf uns zu. MIST ! "PASSPORT !" - Wir zeigen den Ausweis, er grinst und winkt uns durch.
So einfach ist das ? So einfach ist das.
Wir lassen uns gen Vientiane gurken. Es ist heiß, wir sind hundemüde, wir dürften auch nicht gerade frisch duften.
Mein erster Eindruck von Laos: Sind wir schon da ?
Irgendwie sieht alles wie in Thailand aus, wie in etwas ländlicheren Gegenden, in denen hin und wieder ein Städtchen vorwitzig herumliegt. Zu kleinen Läden umfunktionierte Garagen, in denen die Unternehmer auch nächtigen, Schwadronen von Mopeds, quirliger Verkehr, bei dem einem angst und bange wird.
Same, same.
Wir fahren längs eines unverschämt breiten Flusses, der unseren mächtigen Rhein ganz locker ins Täschchen steckt. Der Mekong, der seine grünlich-braunen Fluten behäbig vor sich her wälzt. Ich sehe Seitenareale, die stark nach Überschwemmungsflächen aussehen. Was hier also so unverschämt breit auftritt, ist in der Regenzeit noch unverschämter, noch breiter. Ein Koloss von einem Fluss.

Der Fahrer setzt uns vorm "V Hotel" ab. Nebenan ist irgendeine Leitung gebrochen, es suppt kräftig über die Straße. Wir zehenspitzeln hinüber, bemüht, nicht in die mitgeschwemmten Küchenabfälle zu latschen.
Wir bekommen zwei Zimmer mit Balkon. Eins davon mit Aussicht auf den Mekong. Das kriegt Holger; schließlich wird er das Zimmer ja zu zweit bewohnen. Und ein romantischer kleiner Umtrunk auf dem Balkon mit Blick auf den Großvater aller Flüsse: Doch, so soll das sein.
Der Preis schockiert uns: 250.000 Kip, rund 25 Eurocken pro Nacht !
Wie bitte ? - Sind wir hier im Luxusresort gelandet ? Mit Poollandschaft, Hummer, Kaviar, Zimmerdiener und persönlichem Rückenkratzer ?
Nö. So gar nicht.
Die Zimmer sehen anfangs sehr vernünftig aus; glatter Steinplattenboden, Tropenholzbett mit im Kopfteil eingelassenen Spiegelflächen, Bad mit Warmwasserdusche und Balkon.
Und da geht's auch schon los: Der Balkon ist ein Singlebalkon. Mehr als eine Person passt da nämlich nicht drauf. Nein, wirklich nicht. Ich staune; nie hätte ich gedacht, dass es Balkone für Zwerge gibt. Gibts im V Hotel.
Die Klimaanlage gibt alles. Und nicht weniger. Denn eine Fernbedienung gibt es nicht. Nur Ein und Aus.
Das übliche Stromsparsystem, das einem in jedem Hotel auf den Zeiger geht: Der Schlüssel muss in einem kleinen Kontaktkästchen neben der Tür geparkt werden, damit es Strom gibt. Toll, wenn man sein Handy z. B. beim Frühstücken aufladen will; geht nicht.
Das Bad weist eine künstlerisch wertvolle Besonderheit auf: Ein fast faustgroßes Loch in der Decke, aus dem es tropft. So, dass sich am Boden schon ein kleiner Kalkstalagmit gebildet hat. Gleichzeitig fällt eine Invasionsarmee aus Insekten durch das Loch ein; es schwirrt und flattert überall. Falls ich das Zimmertelefons benutzte, würde ich mir eine fette Insektenleiche ins Ohr drücken; die klebt da nämlich. Das Bett sieht von unten richtig spannend aus: Chipstüten, Coladosen und vielerlei Interessantes mehr.
Im Bad finden sich ähnliche Kacheln wie im Hauptraum, mit feinen Löchern zwischen den einzelnen Fliesen. Und reichlich Schamhaare von irgendeinem Vorbewohner.
Beim Testduschen erwarten mich ungeahnte Herausforderungen: Sobald Wasser auf den Fliesen ist, werden die Dinger so dermaßen glitschig, dass ich mich nur mit absoluter Mühe auf den Beinen halten kann. Wie bei Blitzeis. Nein, nicht übertrieben.
Hinzu kommt, dass man in der Dusche gezwungen wird, sich auf dem Teflonboden flott zu bewegen. Die Dusche schaltet nämlich ständig zwischen brühheiß und arschkalt um. Nein, kein Mittelweg möglich, weder durch Regeln der Temperatur noch des Wasserdurchflusses. Glühendheiß, eiskalt, immer im schnellen Wechsel.
Ich springe immer ein Stück vor, dann ein Stück zurück, wieder vor, wieder zurück - und schaffe das Kunststück, mir dabei nicht sämtliche Gräten zu brechen.
Ich habe nämlich ein Handtuch auf den Boden gelegt. Sonst lägen meine Chancen bei exakt Null.
Das meiste Wasser läuft durch den Abfluss ab, der Rest durch die Ritzen zwischen den Fliesen. Vermutlich entsteht in der Etage unter mir die nächste Touristenattraktion; eine Tropfsteinhöhle.
Zwei gelbe Rohre, die mitten aus der Wand kommen und quer über den Boden des Bades verlegt wurden, erwecken meine Aufmerksamkeit: Das eine leitet das Kondenswasser meiner Klimaanlage in meine Dusche. Das Zweite das Kondenswasser aus dem benachbarten Hotelzimmer. Nachts werde ich einfach immer wieder gegen das Rohr klopfen und meinen Zimmernachbarn zur Weißglut treiben. Vielleicht lasse ich das aber.
Weil ich so nett bin. Und weil ich nicht weiß, ob nicht ein wahrer Kleiderschrank im ZImmer nebenan haust.
Da fällt Nettsein leicht.

Zwei Tage auf den Beinen, zwei Tage in denselben Klamotten.
Schnell unter die Heißkaltdusche, dann ab ins Bett, endlich schlafen.

Aber da haben wir die Rechnung ohne die Laoten gemacht...

Schickes Loch

Das gelbe Rohr vom Nachbarn

Freitag, 28. März 2014

Laos - Erste Begegnungen

Als ich mich gerade in den Schlaf stürzen möchte, klopft es an der Tür.
Holgers Freundin "Neung" ist da, die gleich die gute Idee hat, ihre Schwester (deren Name mir gerade nicht einfällt) und dessen Mann Sommay zu besuchen. Ja, gleich jetzt.
Ok, auf eine Stunde mehr oder weniger kommt's jetzt auch nicht mehr an.

Ein Tuktuk bringt uns zu Schwester und Sommay, die in einer etwas besseren Wohngegend von Vientiane hausen; direkt neben einem buddhistischen Tempel.
Wenn ich "etwas bessere Wohngegend" schreibe, sollte dies keine falschen Vorstellungen erwecken.
Der luxusverwöhnte Durchschnittsdeutsche würde beim Anblick des Hauses und seiner Umgebung einen Schwächeanfall bekommen, anschließend schreiend davonrennen. Und bloß nix anfassen, geschweige denn etwas essen.
Luxus wird halt überall auf der Welt sehr eigen interpretiert.
Die Menschen leben hier sehr einfach: Oft gibt es ein Zimmer, das einfach allen Zwecken dient: Fernseher, Kühlschrank, Reiskocher, Moped, Bett - alles da, alles drin. Ist bei Real ja auch nicht anders.
Sommay und seine Frau beschaffen uns sofort Plastikstühle; gefühlte 200 Jahre alt. Wir nehmen sehr vorsichtig Platz, damit die guten Möbel nicht unter uns in tausend Stücke brechen. So ein "Falang" wiegt halt deutlich mehr als ein Laote.
Sommay entblößt grinsend ein paar schiefe Zähne; mehr sind's halt nicht.
In Deutschland würde man Sommay auf keine zwei Meter in seine Nähe lassen, den Notruf wählen, falls er sich weiter näherte.
Und das täuscht... Sommay ist Englischlehrer und Übersetzer; ein Kollege also, der auch für die Regierung arbeitet. Sommay zählt zum laotischen Mittelstand, den wir aus deutscher Sicht eher als Ansammlung von Slumbewohnern charakterisieren würden.
Weil wir unsere ganz eigenen Maßstäbe anlegen, die hier einfach nicht gelten.
Mit Sommay unterhielt ich mich sehr lange und sehr intensiv. Ein durch und durch intelligenter Mann, den ich eigentlich schon einen schöngeistigen Philosophen nennen möchte und der mir im Englischen mindestens ebenbürtig ist.
Wie sehr täuscht doch die Fassade...
Sommays Heim besteht aus zwei kleinen Gebäuden; in einem wohnt seine 18-jährige Tochter, im anderen unterrichtet er und wohnt dort mit seiner Frau. Dazwischen liegt ein kleiner Gang; die Küche, nein, die "Küche" - für deutsche Leser kleide ich den Begriff lieber in Anführungszeichen. Siehe Fotos... :)
Ein kleiner Garten liefert ständig frische Kräuter, alles ist grün und bunt mit Blumen und anderen Pflanzen, alles ist sehr, sehr einfach, aber gepflegt.
Allerreinster Luxus, wie sich eine Stunde später zeigen soll.
Wir unterhalten uns ein wenig, bekommen reichlich zu trinken, gewöhnen uns langsam ein bisschen an unsere doch sehr unterschiedlichen Englischdialekte.
Wir sind immer noch hundemüde, eher noch hundemüder.
Aber es geht nicht zurück zum Hotel - nein, jetzt sollen wir Neungs Eltern vorgestellt werden, die auf dem Land wohnen.
Eine gute halbe Stunde Fahrt in Sommays goldenem "Matiz" bringt uns in die Außenbezirke Vientianes. Und wenn ich "außen" schreibe, dann meine ich JWD, eher noch AdW. Hin und wieder müssen wir anhalten, weil ein paar Kühe, die nur aus Haut und Knochen bestehen, einfach nicht von der Fahrbahn verschwinden wollen. Und wenn ich "Fahrbahn" schreibe, meine ich eine Staub- und Sandpiste mit mondgroßen Schlaglöchern. Ich frage mich ernsthaft, warum das Auto nicht einfach in Stücke zerfällt. Voodoo, schwarze Magie oder reichlich Panzerband ?
Wir biegen von der "Hauptstraße" auf einen winzigen Feldweg ab, passieren ein kleines Rohbauhäuschen aus Bambusstangen, erreichen schließlich das Elternhaus Neungs: Ein paar grobe Mauern mit Wellblechdach darüber, mitten im Nirgendwo, mitten in absoluter Trockenheit. Fehlen nur noch diese seltsamen Rollbüsche, die man aus Western kennt.
Neungs Eltern begrüßen uns; ich kann mich nicht daran erinnern, jemals einen noch ausgemergelteren Mann gesehen zu haben. Sein Gesicht wirkt regelrecht grotesk, wie eine Maske aus einem Horrorfilm. Kann ein Mensch wirklich so ein Gesicht haben ? Er kann. Und er hat.
Er versteht kein Wort Englisch. Dafür verstehen wir kein Laotisch. Das gleicht sich also aus. Sommay übersetzt das Wichtigste.
Wir ziehen die Schuhe aus, betreten den Raum. Beton, auf dem ein paar Matten liegen.
Ein alter, winziger Fernseher, dessen Bild so verrauscht ist, dass man kaum etwas erkennen kann, ist der einzige Luxusgegenstand.
Auch Neungs Mutter ist wettergegerbt, ihre Gesichtshaut wirkt wie Leder. Allerdings ist sie nicht so eingefallen wie ihr Mann.
Wir drapieren uns um einen niedrigen Tisch, sofort erscheinen wie aus dem Nichts Gläser mit Eis und "Beerlao", dem absoluten Nationalgetränk Laos', das immer, überall und von jedem konsumiert wird. Vom kleinen Kind bis zum Greis, in geselliger Runde wie beim Autofahren.
Ja, es ist Bier. Ja, es hat "Prozente". Ja, beim Autofahren.
Beerlao schmeckt mild; beim ersten Schluck ein klein wenig wie König Pilsener, danach eher wie Veltins oder Jever.
Ich bin kein Bierkenner; aber es lässt sich gut trinken.
Nur halt nicht immer und überall. Ablehnen geht aber nicht, wenn man den Gastgeber nicht beleidigen will.
Wir beleidigen nicht.
Die beiden Frauen verschwinden in der Küche, nein, "Küche". Das hatten wir ja schon. Wir drei Kerle bleiben im Wohnzimmer zurück, rauchen und trinken Beerlao. Mein Gott, was bin ich müde...
Neungs Vater redet auf Laotisch auf uns ein, wir verstehen nichts, machen aber ein freundliches Gesicht. Wenn der Vater lacht, lachen wir mit. Nicht aus Gefälligkeit - er hat ein so offenes Lachen, dass man einfach mitlachen muss; es geht gar nicht anders.
Zähne hat er noch ein paar; sehr lange Zähne, dafür sehr wenige. Er ist 75.
Nach einer Weile erscheinen die Frauen wieder; mit riesigen Töpfen, Tellern und Blechlöffeln wie im Chinarestaurant, nur eben aus Blech. Und mit einem geflochtenen Behälter, in dem traditionell Klebreis aufbewahrt und gereicht wird. Der kleine Korbtisch biegt sich vor Essen; unmöglich, das alles zu schaffen. Es gibt Huhn, Gemüse, vollkommen undefinierbares Fleisch und zwei Schüsselchen - eine scharfe Soße, eine scharfe Paste.
Schrieb ich "scharf" ? - Ich neige zu maßlosen Untertreibungen. Sagen wir's so: Diese Soßen oder Pasten würden bei einem Durchschnittsdeutschen den sofortigen Tod durch inneres Verbrennen bewirken.
Wir schlagen uns wacker; und obwohl wir schon reichlich richtig scharfe Sachen gekostet haben, dosieren wir hier sehr, sehr vorsichtig.
Gegessen wird so: Man nimmt eine Handvoll Klebreis aus dem Flechtkorb, drückt ihn mit den Fingern ordentlich zusammen, tunkt den Reis in eine der Soßen oder Pasten, dazu nimmt man dann ein Stück Fleisch oder Gemüse. Oder beides.
Mit dem Fleisch habe ich so meine Schwierigkeiten; man verarbeitet einfach alles, nicht nur die "guten" Teile eines Tieres, sondern alles. Und wenn ich "alles" schreibe, meine ich ALLES.
Nicht so ganz das Richtige für eine "Fimmelfutt" wie mich, die bei Sehnen, "Lipplapp" oder Fett am Fleisch sofort das Skalpell ansetzt. Aber ein paar Stücke bekomme ich hinunter.
Nicht einmal die Hälfte des Essens schaffen wir, bis wir wirklich pappsatt sind. Dann erfahren wir, dass dies nur der erste Gang war.
Mehr wird aufgefahren; "Laap" (oder Laab oder Larb oder wie auch immer), das laotische Nationalgericht, ist natürlich auch dabei.
Laap besteht aus Gemüse, ein paar Mungbohnensprossen und Fleisch. Das Fleisch besteht aus allem. Auch aus Pansen oder Darmteilen.
Mir schmeckt's nicht so. Aber es kommt noch deutlich besser...
Ich höre so etwas wie "duck blood", also Entenblut, aus der Küche. Na, was das wohl sein wird ?
Ich sehe es kurze Zeit später. Es gibt Blutsuppe.
Nein, keine Suppe, in die man etwas Blut gekippt hat. Eher ein fast massiver Blutklumpen mit einer Konsistenz wie sehr fester Naturjoghurt, der die Form des Tellers angenommen hat.
Ich zögere. Neungs Vater grinst und macht sich mit Heißhunger über die rote Leckerei her.
Endlich ringe ich mich dazu durch, ein Stückchen mit dem Löffel abzutrennen und zu schlucken. Nein, schmeckt mir nicht. Was mich aber auch nicht weiter verwundert.
Etliche weitere Spezialitäten wandern über den Tisch und teilweise in unsere Bäuche, ein Gang folgt dem anderen. Wir rätseln, wo unsere Körper die Essensmassen mittlerweile unterbringen - da kann einfach kein Kubikmillimeterchen Platz übrig sein.

Es wird Zeit für ein Getränk für echte Männer. Lao-Whisky.
Eine kleines Plastikflasche erscheint neben dem Tisch. Darin eine farblos-trübe Flüssigkeit, auf dem Boden eine dunkle, undefinierbare Masse. Sieht aus wie eine Wasserflasche, die man im Verlauf einer wüsten Party in Ermangelung eines Aschenbechers mit Zigarettenkippen, Asche und anderen appetitlichen Dingen gefüllt hat.
Nein, ganz anders: Bienenlarven, also Maden, dümpeln da auf dem Flaschenboden herum. Ja, Maden.
Neungs Vater schüttelt alles gut durch, damit man auch ja genug von den guten Dingen abbekommt.
Holger und ich nehmen einen Schluck. Es schmeckt wie Holzbeize mit einem seltsamen organischen Beigeschmack.
Ich belasse es bei einem Schluck. Nicht so ganz mein Ding.
Holger kann nicht mehr, legt sich auf eine Matte und pennt sofort weg.
Sommay verabschiedet sich, da er noch unterrichten muss. Er käme aber gegen 19 Uhr wieder, verspricht er.
Es ist Mittag.
Mehrere Stunden lang höre ich Neungs Vater zu, der einfach nicht wahrhaben will, dass ich kein Laotisch verstehe. Wir trinken Beerlao und rauchen, er erzählt. Manchmal habe ich kleine Halluzinationen, sehe Bewegungen aus den Augenwinkeln oder höre Dinge, die es nicht gibt. Der Schlafentzug.
Ich stehe irgendwann auf und gehe nach draußen, mich etwas umschauen. Neungs Vater kommt mit, nimmt mich an der Hand und zeigt mir seinen Besitz, der aus ausgetrocknetem Boden mit etwas Gestrüpp darauf besteht.
Dann gehen wir wieder ins Haus, trinken Beerlao und rauchen, er erzählt auf Laotisch. Ich glaube, er hat während der französischen Besatzung einen französischen General getötet. Zumindest interpretiere ich seine Gesten so. Und er hasst Falangs, also Ausländer. Allerdings keine Deutschen. Oder zumindest nicht mich.
Noch mal Glück gehabt.
Aber besser nicht einschlafen...

Holger kommt wieder zu sich, verkündet, dass ihm die paar Stunden Schlaf richtig gut getan hätten. Das freut mich, der ich immer keinen Schlaf bekommen habe, natürlich immens.
Wir schielen immer wieder auf die Uhr; es will einfach nicht 19 Uhr werden. Wir sehnen uns Sommays goldenen Kleinwagen herbei, der wie ein Rennwagen röhrt.
Sommay trifft endlich ein. Nein, es geht nicht zurück ins Hotel; erst muss noch ordentlich getrunken werden. Beerlao und der Madenwhisky. Und Essen gibt's auch dazu. Und wieder reichlich, reichlich, reichlich.
Diesmal wieder Laab, eine Suppe, über deren Zutaten ich nicht nachdenken möchte, weil sie mir schmeckt, dazu gekochte Entenfüße, mit Adern oder Dünndarm umwickelt; so genau kann man das nicht erkennen.
Wir nehmen ein paar Happen, trinken etwas Bier, gehen dann ein Stückchen über die Brachflächen, also die Felder.
Neungs Vater ist Köhler, verdient seinen Lebensunterhalt also mit der Herstellung von Holzkohle. Wir schauen uns den Kohlemeiler an, der etwa 100 Meter vom Haus entfernt an einem kleinen Wasserloch liegt. Interessant, das Ding. Komplett aus Lehm gebaut. Viel mehr gibt's allerdings nicht zu sehen.
Mich drängt es an einen gewissen Ort; das viele Bier will einfach heraus. Bisher habe ich es vermieden, den Hauptraum des Hauses zu verlassen, habe die Küche noch nicht gesehen, habe die Toilette noch nicht erspäht.
Ich muss durch die Küche. Die Küche liegt außerhalb des Hauses, besteht aus ein paar Brettern, einer Feuerstelle und reichlich Unrat. Bei uns würde man das für eine wilde Müllkippe halten. Die Toilette - ach, schauen Sie sich einfach die Fotos an. :)
Langsam kommt Aufbruchstimmung auf, endlich !
Zuvor aber bekommen wir noch eine Auszeichnung: Ein dünnes geflochtenes Bändchen am Handgelenk, das uns als geschätzte Freunde der Familie auszeichnet.
Und dazu übersetzt Sommay, Neungs Vater wünscht sich, dass ich bei ihm einziehe.
Vermutlich, weil man sich mit mir so gut unterhalten kann. :)

Die Fahrt zurück zum Hotel nehme ich als Randerscheinung wie durch einen dichten Nebel wahr. Irgendwie schaffe ich es bis nach oben, irgendwie bekomme ich die Tür auf.
Dann falle ich aufs Bett, bin schon in der Luft eingeschlafen.
Licht aus.

Es gibt ordentlich was auf die Finger

Eine Küche

Noch eine Küche


Lecker Blutsuppe

Whisky mit Madeneinlage

Ein Holzkohlemeiler

Relativ karge Landschaft

Fröhliche Runde mit alten Bekannten

Klotür

Hockklo mit manueller Spülung

Donnerstag, 27. März 2014

Freude am Geldautomaten

Mal eben zwischendurch (ich hänge mit dem Blog eh tagelang hinterher):

In Laos sollte man sich keinesfalls auf die Geldautomaten (ATMs) verlassen.
Ich hab's getan und stecke derzeit ein wenig in der Bredouille.

Vor ein paar Tagen ging's zu einem Ausflug außerhalb Vientianes. Unterwegs wollte ich schnell noch ein paar Kip aus dem Automaten ziehen.
Alles funktionierte wie immer, PIN-Eingabe, Betrag auswählen, zähneknirschend mit der Gebühr arrangieren, auszahlen. Nix da. Eine Fehlermeldung meint, die Transaktion sei derzeit nicht möglich. Nanu ? - Na, vielleicht spinnt der Automat.
Gut, dass der Nächste gleich daneben steht.
Genau dasselbe; andere Bank, aber selbes Ergebnis: Keine Transaktion möglich.
Wir gurken weiter, Sommay setzt mich an einem besonders zuverlässigen Geldautomaten bei einem "Krankenhaus" ab. Wieder dasselbe.
Ein weiterer Automat mit winziger angeschlossener Bankfiliale verweigert mir ebenfalls das dringend benötigte Bargeld. Ich frage die junge Laotin hinter dem Schalter, was denn los sei. "Big ATM error", meint sie.
Aha, dann ist vermutlich das Datennetz ausgefallen; dann gibt's natürlich auch kein Geld.
Ich leihe mir was, frage aber sicherheitshalber den Kontostand meines Kreditkartenkontos ab: 2700 Euro sind drauf. Ich zeige das auch gleich rum, damit keiner auf die Idee kommt, ich bekäme mangels Deckung kein Geld.
Nach unserem Ausflug versuche ich es an einem Automaten in Vientiane noch einmal.
Alles so weit gut, bis ich dann mein Geld haben will: "You have entered invalid PIN and for security reasons your card has been blocked. Please contact your branch." - "PIN falsch eingegeben, Karte aus Sicherheitsgründen gesperrt. Bitte wenden Sie sich an Ihre Bank."
WIE BITTE ? - Erstens habe ich die PIN NICHT falsch eingegegen. Zweitens waren das noch keine drei Versuche.
Offenbar wurden die wegen fehlender Datenverbindung abgebrochenen Versuche als Fehlversuche wie bei falscher PIN-Eingabe gehandhabt. Warum, weiß kein Mensch.
Auf jeden Fall ist meine Karte dicht. Klasse...
Ich latsche zur Bank, ziehe eine Nummer, warte geduldig, bis ich dran bin. Die Laotin versteht ein bisschen Englisch. Sie prüft die Karte, meint, dass sie gesperrt sei, es aber möglich wäre, Geld persönlich am Schalter abzuheben. Das könne ich gleich hier tun. Tue ich auch. Ich bekomme eine Million Kip, also etwa 100 Euro.
Zwischenzeitlich sandte ich meiner Bank eine eMail mit der Bitte um Freischaltung der Karte.
Die Antwort kommt prompt: Karte wieder frei.
Ich probiere es aus: Karte gesperrt.
Ich schreibe wieder eine eMail an die Bank, bitte um erneute Freischaltung. Gleichzeitig bitte ich um eine Möglichkeit zur direkten Kontaktaufnahme mit Mastercard, damit ich bei Problemen nicht ständig meine Bank bemühen muss.
Die Karte bleibt gesperrt, die Meldung am Geldautomaten lautet jetzt aber anders: "Card invalid"; also ist die Karte jetzt komplett ungültig. Stark !
Ich rufe bei Mastercard an; sauteuer, da Mastercard keine Notfallrufnummer zur Problemlösung im Ausland betreibt. Warum eigentlich nicht ?
Ich erreiche eine Frau, gebe meine Kartennummer durch, werde zur Identifizierung nach meiner Anschrift gefragt, bestehe den Test. Man ist im Bilde, wir reden kurz über den Dialog zwischen Bank und Mastercard - dann sagt man mir, dass man gar nichts für mich tun könne. Wenn meine Karte gesperrt ist, muss meine Bank die Entsperrung beantragen. Ich als Karteninhaber hätte da gar nix zu sagen.
WAS ? ICH habe ein Problem mit MASTERCARD, meine Bank kann da gar nix für. Und dennoch muss ich jedes Mal meiner Bank auf die Nüsse gehen ?
Ich frage, ob es der Frau ernst damit sei. Ja, es ist ihr ernst.
Ich lege säuerlich auf. Satz mit X.
Am Abend probiere ich die Karte wieder aus: Ich bekomme Geld ! Ich fasse es nicht !
Na endlich, alles wieder in Ordnung; ich bin wieder wer. :)
Jedenfalls bis zum nächsten Tag. Dann heißt es nämlich wieder:
"You have entered invalid PIN and for security reasons your card has been blocked. Please contact your branch." - Hach, wie lustig...

Ich schreibe wieder an meine Bank. Zwischen den Zeilen der Antwort lese ich den leisen Vorwurf heraus: "Kerl, bist Du zu blöd, eine vierstellige Nummer richtig einzugeben ?"
Nö, bin ich nicht. Ich weiß, wie man einen Geldautomaten bedient, ich weiß auch, wie man Tasten richtig betätigt. Und ich sehe noch recht gut und bin nicht völlig verblödet.
Wieder bekomme ich die Antwort, die Karte werde jetzt wieder freigeschaltet.
Ich probiere es am nächsten Tag aus. "You have entered invalid PIN and for security reasons your card has been blocked. Please contact your branch."
Ich könnte kotzen.
Vor allem, weil ich gerade 6 Kilometer vom Hotel entfernt unterwegs bin und mir jetzt das Geld für ein Tuktuk fehlt.
Ich latsche 6 Kilometer bei mörderischer Hitze.
Danke, Mastercard.
Und wieder schreibe ich an meine Bank, beschreibe diesmal haarklein jeden einzelnen Schritt am Automaten.
Auf eine Antwort warte ich seit gestern.
Gut, dass ich noch 20 Euro im Rucksack hatte. Die habe ich illegal getauscht und konnte so wenigstens etwas zu essen und zu trinken kaufen.
Und Frühstück heute morgen.
Später möchte ich einen Flug buchen. Mit einer gesperrten Karte dürfte das ein wenig abenteuerlich werden.
Mal sehen, ob ich gleich wenigstens am Bankschalter noch Bargeld bekomme.
Bei meinen bisherigen Erfahrungen mit Mastercard: Nö.

Sobald ich wieder zuhause bin, kommt diese MasterMistkarte wieder weg:
1) Telefonische Erreichbarkeit beschissen - nur eine normale Rufnummer, die einen aus dem Ausland ein Vermögen kostet; das man meist nicht hat, wenn es Probleme mit der Karte gibt.
Es gibt auch eine kostenlose Rufnummer: Die kann man aber idiotischerweise nur aus Deutschland erreichen, also dann, wenn man gar keine gebührenfreie Nummer braucht.
2) Dümmliche Verweigerung von Direktkontakten; es muss IMMER die Bank zwischengeschaltet werden, obwohl sie bei Problemen wie bei mir rein gar nichts damit zu tun hat. Klar, jede Transaktion muss durch die Bank genehmigt werden; deswegen schaltet man sie zwischen. Aber wenn durchgeknallte Geldautomaten meine Karte schrotten, hat das wohl wenig mit einer Transaktion zu tun.
3) Besonders hohl: Wenn es einmal zu Problemen mit dem PIN-Code kam, wird die Karte (wenn sie denn wirklich mal freigeschaltet wird), gleich beim ersten Fehlversuch wieder dichtgemacht.
HÄ ? - Was soll das ? - Durch die Eingabe der richtigen PIN hat man sich als autorisierter Nutzer legitimiert. Und der darf sich jetzt plötzlich keinen einzigen Vertipper mehr erlauben ?

Herr, lass Hirn vom Himmel regnen.


Die Moral von der Geschicht: Bargeldreserven (US-Dollar, werden hier fast überall genommen) einpacken, wenn es nach Laos geht, bloß nicht auf funktionierende ATMs verlassen.
Und bloß nicht auf Mastercard. Wieder mal so ein Seppelunternehmen, bei dem anscheinend niemand für's Denken bezahlt wird.
(Merkt man, dass ich ein WENIG sickig bin ? :D)

Da kommt Freude auf...

Mittwoch, 26. März 2014

Ein paar Dinge über Laos und Chaos

Hier ein paar Dinge, wie man vielleicht nicht in Reiseführern findet.

Ein wenig seltsam finde ich, dass Laos überall "Laos" heißt, das Wort "Laos" aber im Lande gar nicht existiert. Laos ist "Lao", sonst nichts.
Das Land heißt "Lao", die Menschen nennen sich "Lao" und die Sprache heißt "Lao".
Nix mit "s" dran.

Die Laoten haben zwei Haupthobbies: Essen und Trinken; besser: Fressen und Saufen.
Denn grundsätzlich geht es hier immer in Massen zur Sache.
Lädt Dich ein Laote zum Essen ein, kannst Du Dich auf riesige Mengen einstellen, die kein Mensch bewältigen kann. Viel Essen scheint hier ein Zeichen für Wohlstand zu sein. Und das selbst in der allerärmlichsten Hütte. Das Essen ist für die Laoten wie das iPhone für die Deutschen.

Etwas störend am laotischen Essen sind die Zutaten; Fleisch wird grundsätzlich "im Ganzen" verarbeitet. Man filetiert also nicht; wenn man schon praktischerweise ein totes Tier vor sich liegen hat, verwendet man einfach alles. Ja, alles.
So darf man sich nicht darüber wundern, dass man leckeren Pansen, Füße, Klauen und viel Darm im Essen findet. Sehr delikat auch: Gekochte oder gebratene Sehnen.
Nennen wir's einfach "ganzheitliche Ernährung".
Dann klingt's wenigstens gut.

Das Essen selbst ist wirklich reinste Geschmackssache: Es ist noch schärfer als das Thai-Essen, auch wenn man das eigentlich nicht für möglich hält. Es ist aber so.

Darum sei dem Durchschnittsdeutschen sehr, sehr warm ans Herz gelegt, auf die Frage "Spicy ?" keinesfalls mit "Yes" zu antworten. Er dürfte es schlicht nicht überleben.
Sichere Wahl: Klebreis ("sticky rice"). Der ist schön billig und nicht scharf. Alles andere schon.

Freunde der richtig scharfen Küche kommen voll auf ihre Kosten; und selbst hartgesottenen Schärfefanatikern wie mir und Holger bleibt mitunter auch nur die weiße Fahne zum Schwenken übrig.
Selbst ihr Bier würzen die Laoten mit Chilies. Ja, wirklich.

Apropos Bier: Ich nehme an, dass fast sämtliche Laoten Alkoholiker sind, einfach sein müssen. "Beerlao" wird immer und überall getrunken; zum Mittag- und Abendessen, zum Frühstück, jederzeit dazwischen, beim Autofahren (ja, beim Autofahren). Immer. Und immer bedeutet hier einfach immer.
Das kann ganz schön lästig werden, wenn man bereits früh am Morgen ungefragt ein Bier eingekippt bekommt, das man nicht ablehnen darf, wenn man den Spender nicht beleidigen will. Aber wer will schon morgens um 9 bereits die Lampe an haben - vor allem in Kombination mit der doch recht beeindruckenden Hitze: Heute hatten wir mehr als 50 Grad; das Thermometer in meinem Handy zeigt nur bis 50 Grad an.
Da freut sich der Kreislauf ganz gewaltig.
Die einzige Möglichkeit, dem Bierzwang zu entgehen: Man gibt an, gerade Antibiotika einzunehmen. DANN ist es ok, wenn man z. B. eine Cola trinkt.
Nur dann.
"Beerlao" ist so etwas wie der Stolz des ganzen Landes, das, was Laos in der Welt repräsentiert. Nicht wundern; bei eher armen Ländern ist das halt so. Wie der Fußball in Brasilien.
Auch sehr, sehr gern genommen: Whiskey wie "Lao-Lao" und alles andere, was ordentlich Umdrehungen hat. GANZ hoch im Kurs steht Johnny Walker; warum auch immer. Bei einer Hochzeit zum Beispiel kann der Bräutigam gleich wieder gehen, wenn er nicht mindestens zwei Flaschen "Black Label" mitbringt. Den bekommt man zur Belohnung, wenn man etwas Geld in einen kreisenden Topf wirft. Getrunken wird "auf ex", alle Gäste trinken übrigens aus demselben Glas, das zwischendurch natürlich nicht gespült wird.
Auch ist es keine Seltenheit, dass man von einer laotischen Dame am Tisch einen Eiswürfel ins Glas geworfen bekommt, den sie zuvor ausgiebig abgelutscht hat; scheint eine Art Kompliment zu sein.
Ich bekam schon so einige, ähm, Komplimente...

Davon abgesehen zeichnen sich Laotinnen durch einen etwas seltsamen Geschmack aus. "Falangs", also Ausländer, stehen unglaublich hoch im Kurs. Bisher ist mir kaum eine Laotin begegnet, die mich nicht mit dem Wort "handsome" bedachte und mit den Augen klimperte. Das gilt für weibliche und halbweibliche Laotinnen; also auch für die Ladyboys, die es hier reichlich gibt.
Dabei scheint es vollkommen egal zu sein, ob man sich überhaupt verständigen kann: Auch wenn das Gegenüber kein einziges Wort Englisch beherrscht, wird doch fast immer eine "Verbindung" angestrebt.
Das ist reichlich grotesk, denn:
1) Was will man mit einem Partner, mit dem man kein einziges Wort wechseln kann ? - Für mich das absolute NEIN-Kriterium. Für die Laotinnen nicht.
2) Nähere Kontakte zwischen Laoten und Falangs sind gesetzlich verboten, wenn nicht zuvor geheiratet wurde. Ich kenne das Strafmaß nicht, das hier mit Sicherheit von der Höhe des Bestechungsgeldes abhängt; aber Knast ist durchaus drin, sogar mehr als wahrscheinlich.

Apropos illegale Dinge...
Wer in Vientiane, der Hauptstadt Laos', nach bestimmten Dingen lechzt: Alles, wirklich alles bieten die freundlichen Tuktuk-Fahrer dem aufgeschlossenen Besucher an.
Mir werden täglich die dollsten Leistungen angeboten: Von Marihuana über Opium bis zu Heroin, ganz offen auf der Straße. Die Tuktuk-Jockeys zücken sogar kleine Tütchen und halten sie mir unter die Nase. Mitten auf der Straße. Obwohl übelste Strafen auf Drogenbesitz und -handel stehen; bis zur Todesstrafe.
Überdies werden "Special Massages" angepriesen; wahlweise mit Laotinnen oder Thaimädchen. Oder mit beiden gleichzeitig.

Wer in Vientiane etwas sucht - die Tuktuk-Fahrer haben's.
Allerdings scheinen die Herren keine Gedächtniskünstler zu sein. Einige begrüßen mich mittlerweile mit meinem Vornamen; wir rauchen dann eine Kippe zusammen und reden belangloses Zeug. Aber immer wieder werde ich gefragt, ob ich nicht Interesse an Opium, Heroin und einem ganzen Stall voller Mädchen hätte; obwohl ich von Anfang an ablehnte. Meinen Namen können sich die Jungs also durchaus merken. Meine Abneigungen offensichtlich nicht.

Generell erinnert Vientiane stark an sämtliche sonstigen Touristikzentren der Gegend: Ob es Patong "Beton" Beach auf Phuket ist, das Viertel rund um die Khaosan Road in Bangkok oder halt Vientiane in Laos: Die Unterschiede sind gering. Überall sehr ähnliche Angebote, überall nervige Tuktuk-Fahrer, und mittlerweile gibt es auch in Vientiane die ersten 7-Eleven-Derivate, die hier "M-Point" heißen, aber noch nicht mindestens 25 Stunden pro Tag geöffnet haben.
In den kleinen Supermärkten bekommt man fast alles, was das Herz begehrt. Den Rest halt bei den Tuktuk-Matadoren.

Ladyboys
Ja, auch in Laos gibt es reichlich "Ladyboys" - also Leute, die oben wie Frauen, unten wie Männer aussehen. Kennt man aus Thailand.
Ladyboys sind so gut wie immer Prostituierte; und wer auch nur einmal nachts allein durch die Straßen Vientianes latschte, wird fast garantiert deren Bekanntschaft gemacht haben: In Laos endet die Geschäftigkeit auf den Straßen etwa zwischen 22 und 23 Uhr. Wer danach noch allein unterwegs ist, wird als Freiwild für die Ladyboy-Geschwader betrachtet, die auf ihren Mopeds im Viertel patrouillieren und sich gezielt auf den nichtsahnenden Falang stürzen.
"Ohhhh, you handsome !" lautet der Schlachtruf. Bleibt man stehen, wie ich es natürlich machte, nehmen die Ladyboys gleich Tuchfühlung auf. Seltsamerweise wurde mir fast immer an die Oberarme gefasst.
Die Ladyboys schauen einen dann fast schmachtend an; und fieserweise gibt es Exemplare, die richtig gut aussehen, bei denen höchstens die Stimme verrät, dass es sich nicht um eine Frau handelt. Die bisher schönste Laotin, die ich sah, war ein Ladyboy. Kein Witz.
Allerdings war es auch genau dieser Ladyboy, der mir beim Ansprechen gleich in den Schritt packte.
Loswerden ist nicht ganz einfach, die Jungs sind sehr hartnäckig. Bei jedem "No, thank you" sinkt der Preis der angebotenen Dienstleistungen. Eine sexuelle Erfahrung der besonderen Art ist schon für 40.000 Kip, also rund 4 Euro, zu kriegen.
Das Interesse erlahmt erst dann ein wenig, wenn man erklärt, verheiratet zu sein, die Frau im Hotelzimmer wartete. Dann schalten die Ladyboys noch kurz auf Plan B um: Oral für ein paar Cent. Wenn man dies dann auch noch ablehnt, kommt man wieder frei.
Ich wurde von etlichen Ladyboys angesprochen; auch tagsüber. Es schadet nicht, sich ein bisschen mit den Jumädels zu unterhalten; immer interessant, auch mal ganz andere Leute kennenzulernen. Und wenn man dabei freundlich bleibt, nach der Absage noch ein Kompliment macht, lachen die Jungs - man sieht ihnen ihre Freude förmlich an.
Dann lassen sie einen auch mit guten Wünschen und netten Worten ziehen, statt einem ein paar saftige Flüche hinterherzujagen.

Noch etwas mehr zum Thema: Manche Hotels haben Balkons. Da sitzt man dann gerne noch etwas in der Nacht; Luft schnappen, noch ein Bier trinken oder eine Kippe rauchen.
Ungestört bleibt man dabei jedoch nicht: Sobald ein Ladyboy Falang-Beute auf einem Balkon erspäht, ist's vorbei mit der Besinnlichkeit.
Dann bölkt der Fraumann von unten herauf: "Heeee, man ! Come down ! Love you !" und so.
Und das kann STUNDEN dauern; kein Witz. Das habe ich bei uns vor dem Hotel beobachtet; der Gute stand bestimmt zwei Stunden auf der Straße und rief und rief und rief. Zum Glück nicht nach mir. :)

Laotische Frauen
Eigentlich kann ich dazu nicht viel sagen, da ich mich nie mit einer Laotin einließ. Aber ich will es dennoch versuchen.
Wer Thaifrauen kennt, der kennt auch Laotinnen. Hier sehe zumindest ich so gut wie keine Unterschiede; sowohl vom Aussehen als auch vom Verhalten. Einen kleinen körperlichen Unterschied gibt es jedoch: Laotische Frauen haben einen runderen Hintern und breitere Hüften; das fiel mir immer wieder po-sitiv auf.
Generell zeigen sich Laotinnen sowohl aufgeschlossen als auch sehr zurückhaltend Falangs gegenüber.
Bei einer Feier wurde ich von etlichen Laotinnen bestürmt und fast auf die Tanzfläche gezerrt. Die sagen dann auch beim ersten Blickkontakt bereits, dass sie Dich am liebsten abschleppen würden. Zumindest wurde mir das immer so übersetzt; denn Englisch sprechen Laoten so gut wie gar nicht. Deutsch ? Guter Witz. :)
Andere Damen sind extrem schüchtern; senken den Blick und erröten, wenn man sie anschaut.
Zwei Extreme gibt's also. Dazwischen aber anscheinend nichts. :)

Großer Fehler
Wer in Vientiane herumhängt, wird früher oder später auch dem Pflichtgefühl nachgeben, das immer wieder verkündet: "He, Du warst noch nicht direkt am Mekong. Musste aber, gehört sich so !"
Eines Tages geht man dann.
Der Mekong liegt hinter einem Damm herum. Man steigt durch Büsche, Gestrüpp und immense "Haufen" mit noch immenseren Fliegenschwärmen darauf hinab, gelangt dann auf eine Art Ebene, die zur Regenzeit überschwemmt wird. Hier läuft man wie auf Tonscherben; es klimpert und tönt unter den Schuhen. Von der Sonne hart gebrannter Schlamm, den die letzte Überschwemmung frei Haus lieferte.
Der Scherbenboden geht in Sand über, auf dem es sich noch schlechter laufen lässt. Und nach ein paar Minuten Latscherei fallen einem zwei Dinge auf: 1. Es ist verflucht weit bis zum Ufer; deutlich weiter als geschätzt. 2. Die Sonne BRENNT, es ist unglaublich heiß. Auf der Ebene steht die Luft, der mit Milliarden golden schimmernden Körnchen durchsetzte Sand reflektiert die Hitze. Man kennt doch diese Filmszenen, bei denen der Held durch die Wüste torkelt; schweißüberströmt, rissige Lippen - und alle paar Sekunden wird mit gefährlicher, kakophonischer Musik untermalt eine riesige Sonne eingeblendet.
GENAU SO fühle ich mich. Unglaublich, diese Hitze. Und kein Schatten, rein gar nichts. Nur niedrige Büsche, keine Bäume, einfach nix.
Auf den letzten paar hundert Metern murmele ich nur noch "Scheißidee, SCHEISSIDEE" vor mich hin, will aber nicht umkehren; der Ehre wegen.
Ich erreiche keuchend das Ufer, muss mir ständig den Schweiß aus den Augen wischen, um überhaupt noch etwas erkennen zu können.
Das Wasser sieht aus wie das Wasser von Vater Rhein, in dem man angeblich Filme entwickeln kann; also unappetitlich grünlich-braun. Schwimmen möchte ich darin ganz bestimmt nicht.
Außerdem würde das Herauskommen zum echten Problem: Der Mekong fließt hier in einem Bett, das gute drei, vier Meter unterhalb der Ebene liegt; die Wände sind fast senkrecht. Nein, hier möchte ich NICHT in den Mekong fallen. Obwohl das kühle Wasser dermaßen verlockend ist.
Ich leere die mitgebrachte Flasche mit irgendeinem isotonischen Getränk, dessen Temperatur mittlerweile an frisch gebrühten Tee erinnert. Es verdunstet auf meiner Zunge. Wirkung null.
Ich muss zurück, ehe mich hier der Hitzschlag hinwegrafft.
Wie kann das hier so extrem heiß sein ? Ich konzentriere mich auf das pure Gehen, setze einen Fuß vor den anderen, schaue nicht nach vorne, will nicht sehen, wie weit der Damm noch entfernt ist. Die Latscherei nimmt einfach kein Ende... Soll ich kurz Pause machen ? NEIN ! Dann stehe ich nie wieder auf. Es ist so unglaublich heiß, ich spüre meinen Herzschlag bis in den Kopf.
Da, der Damm, die Treppe mit den Riesenstufen. Ich komme die Stufen kaum hinauf. Bin oben, immer noch in der prallen Sonne. Mein T-Shirt ist nicht mehr hellgrün, sondern komplett dunkelgrün, es gibt keine trockene Stelle mehr.
Ich keuche wie eine Dampflok, die seit 200 Jahren nicht mehr gewartet wurde, der Herzschlag dröhnt im Kopf, die Sonne brennt. Immer noch kein Schatten, kein Lüftchen regt sich. Ich schleppe mich über die Straße, schaue mich fast schon panisch um; nirgends Schatten...
DA ! Ein Hinweisschild ! Wenn ich mich ein paar Meter dahinter auf den Boden fallen lasse, könnte ich meinen Kopf in den Schatten bekommen. Ich ziele auf die Mitte zwischen den zwei Schildern, denn ich sehe mittlerweile doppelt.
Angekommen, auf den Boden ! Platsch; ich liege.
Der Schatten nützt irgendwie nichts. Mir kommt es vor, als würde es immer heißer.
Dann eine massive Halluzination: In weiter Ferne sehe ich Blau und Rot, meine den Schriftzug "Pepsi" zu erahnen ! Ein Restaurant ! - Realität oder Einbildung ? Egal; ich quäle mich stöhnend auf die Füße, torkele in Richtung Pepsi-Oase und in Schlangenlinien schnurstracks geradeaus.

Ich erreiche das Gebäude. Das Pepsi-Schild ist immer noch da; keine Halluzination, fast möchte ich es berühren, um mir ganz sicher sein zu können.
Ich schwanke in das Restaurant, falle auf eine Holzbank, die nach ein paar Sekunden klitschnass vor Schweiß ist. Eine Kellnerin eilt herbei, sieht mich mit suppentellergroß geweiteten Augen an: "You thirsty ?"
Nein, ich gebe keine ironische Antwort, sondern sage "YEEEEEES !!! Cola, please ! With ice !!!"
Zwei Minuten, die sich zu einer Ewigkeit dehnen. Dann steht die Flasche vor mir, das Geschenk Gottes. Unbeschreiblich das Gefühl in den Händen, der erste Schluck, das Rauschen in der Kehle, als die eiskalte Koffeinbrause stechend kalt in meinen Magen flutet.
Das ist das Paradies, Nirwana, Shangri-La. Zeitlose Glückseligkeit. Für 6000 Kip.
Nach einer Viertelstunde kann ich wieder normal sehen, meine Atemfrequenz normalisiert sich, der Puls sinkt.
Ich zahle und mache mich wieder gen Hotel auf. Und grinse über die Blicke der Leute, die allesamt wie magisch von meinem Schwamm-T-Shirt angezogen werden.

Also: Lasst das mit dem Mekong. SCHEISSidee. :D

Mekong-Ebene

Mekong - irgendwie wenig spektakulär, nicht wahr ?

Tonscherbenboden - jeder Schritt ergibt einen Klang

Scheißidee. SCHEISSIDEE !!!